Jahrhundertelang war unser Europa von Grenzen dominiert. Erst Fürstentümer, dann Nationalstaaten haben das Territorium aufgeteilt und trennende Grenzlinien gezogen. Erst das Schengener Abkommen schaffte das scheinbar Unüberwindbare: die europäischen Binnengrenzen wurden sukzessive abgebaut und ein freier Personen– und Warenverkehr wurde möglich. Die Grünen am Hoch- und Oberrhein schließen sich der gemeinsamen Erklärung der Grünen der Euregion Bodensee an.

Wir alle profitieren von offenen Grenzen
Von offenen Grenzen profitieren alle Menschen in Europa, insbesondere aber jene, die in Grenzregionen wohnen. Auf die Region am Hoch- und Oberrhein trifft das in mehrfacher Weise zu. Wir teilen uns mit dem Rhein einen Fluss, der die Schweiz, Frankreich und Deutschland nicht trennen sondern verbinden soll. Eine schmerzliche Zäsur fand am 17.03.2020 statt, als die Grenzen zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz mit wenigen Ausnahmen geschlossen wurden.

Grenzschließung ist klaffende Wunde
Diese gesundheitspolitisch nachvollziehbare Entscheidung hat auf vielen Ebenen einschneidende, negative Auswirkungen. Ist auch die Situation für Berufspendler*innen und den Warenverkehr mittlerweile relativ eingespielt, so bedeuten die für alle anderen weiterhin geschlossenen Grenzen eine klaffende Wunde in unserer Grenzregion.
Zwischenmenschliche Beziehungen sind entzweit, Sonderlösungen für Familien und Paare müssen gefunden werden, wirtschaftlicher Austausch wird enorm erschwert
und an Freizeit– oder touristische Aktivitäten im jeweils anderen Land ist gar nicht zu denken.

Zusammenarbeit am Oberrhein weiter vertiefen
Eines ist durch die Corona Pandemie offensichtlich geworden: die gewohnte, grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist nicht selbstverständlich. Und dabei wissen
wir aus der geschichtlichen Betrachtung, dass wir gemeinsam als Region alle von der Zusammenarbeit profitieren. Gerade auch im Falle einer Pandemie, deren
Kennzeichen es ja gerade ist, dass die Ausbreitung einer Krankheit die Grenzen von Ländern und Kontinenten überspringt. Wir Grüne sind davon überzeugt, dass jene
Regionen, die Zusammenarbeiten und den Transformationsprozess in Richtung einer ökologischen, sozialen und kooperativen Region am raschesten und besten gestalten,
die zukunftsfähigsten sein werden.

Grüne für stufenweise Grenzöffnung am Hoch – und Oberrhein
Aus den genannten Gründen treten wir Grüne am Hoch- und Oberrhein dafür ein, dass die Grenzen in unserer Region, unter strenger Beobachtung der gesundheitlichen Aspekte und Notwendigkeiten, stufenweise und rasch wieder geöffnet werden. Hierzu sollen zwischenstaatliche Verhandlungen aufgenommen werden, um auf die besonderen Verbindungen am Hoch – und Oberrhein einzugehen und eine koordinierte Art und Weise zu definieren, wie wir eine Öffnung der Grenzen – wie für die Berufspendler*innen schon erreicht – anstreben können.

Hierzu schlagen wir einen Stufenplan unter stetiger Berücksichtigung des Infektionsschutzes vor:

1. Der Besuch von Kindern, hilfsbedürftigen Familienmitgliedern und Lebenspartnerinnen- und -partner, unabhängig von Ehe oder eingetragener Partnerschaft, wird deutlich vereinfacht. Zum Nachweis soll eine Eigenerklärung mit Ausweisekopie der Lebenspartnerin bzw. des Lebenspartners genügen. Eine etwaige Quarantäne entfällt.
2. Der grenzüberschreitende Rettungsverkehr als vorbildliches Beispiel für europäische Kooperation wird wieder aufgenommen. Gerade in Krisenzeiten braucht
es die grenzüberschreitende Notversorgung.
3. Die Grenzen werden für die Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzregion am Hoch – und Oberrhein wieder geöffnet.
4. Die Grenzen werden, wie im Schengener Abkommen vorgesehen, für alle Bürgerinnen und Bürger im Schengenraum wieder geöffnet.

In der Region wurden alle Anstrengungen unternommen, um die epidemiologische Situation möglichst in den Griff zu bekommen. Wir Grüne setzen uns aus
gesundheitspolitischer, wirtschaftlicher und menschlicher Sicht grenzüberschreitend dafür ein, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Denn wir sind zutiefst überzeugt, dass
wir nur gemeinsam als Partner diese Pandemie in den Griff bekommen. Eine Grenzschließung kann nur eine akute Ausnahmesituation zu Beginn einer Bekämpfung darstellen und muss raschest möglich – mit besonderen Auflagen zur Eindämmung der Corona-Pandemie – wieder abgebaut werden.

Unterzeichnende:
Grüne Baden-Württemberg
Josha Frey, Landtagsabgeordneter, Lörrach
Gerhard Zickenheiner, Bundestagsabgeordneter, Lörrach
Prof. Dr. Bernd Martin, Kreistag, Lörrach
Margarete Kurfeß, Stadträtin, Lörrach
Grüne Schweiz
Maya Graf, Ständerätin BL
Sibel Arslan, Nationalrätin BS
Florence Brenzikofer, Nationalrätin BL
Irène Kaelin, Nationalrätin AG
Felix Wettstein, Nationalrat SO
Grüne Elsass
Danielle Dambach, Bürgermeisterin, Schiltigheim
Alain Jund, stv. Bürgermeister, Strasbourg
Jeanne Barseghian, Stadträtin, Strasbourg
Andrée Buchmann, stv. Bürgermeisterin, Schiltigheim